Automatisches Pensionssplitting – ein falsches Versprechen?
Österreich gehört im Europavergleich zum Schlusslicht, wenn Pensionen von Frauen und Männern verglichen werden. Je nach Berechnungsweise klafft dort laut Statistik Austria eine Lücke zwischen 40% – 50%. Erklärungen gibt es dafür viele:
- mehr als ein Fünftel der unselbständig beschäftigten Frauen verdienen Niedriglöhne (bei Männern sind es unter einem Zehntel),
- die Hälfte der Arbeiternehmerinnen arbeitet Teilzeit (bei den Männern liegt die Teilzeitquote knapp über einem Zehntel) und
- Frauen unterbrechen ihre Arbeit öfter wegen Sorgearbeiten für Mitmenschen.
Gerechtfertigt ist diese Pensionslücke damit nicht, sondern zeigt deutlich strukturelle Probleme in unserer Gesellschaft auf.
Eine Maßnahme im Regierungsprogramm 2020-2024 der türkis-grünen Regierung gegen die Altersarmut und Pensionslücke ist das automatische Pensionssplitting. Einen Gesetzesentwurf für dieses Modell gibt es aktuell noch nicht, lediglich Aufzählungspunkte im Regierungsprogramm und im nationalen Aufbau- und Resilienzplan 2020-2026 der Regierung. Die Ökonomin Christine Mayrhuber hat die Eckpunkte analysiert und die ökonomischen Auswirkungen dieses Modells zusammengefasst. Die gute Nachricht formulierte sie zu Beginn ihres Vortrags am Karl-Renner-Institut: der Anteil an Frauen ohne Eigenpension sinkt, 2020 lag er bei 18,1%. Allerdings gibt es nach wie vor rund zehn Prozent der Frauen (65+), die weder eine Pension, noch sonstige Leistungen beziehen und damit völlig von innerfamiliären Leistungen abhängig sind. Laut Daten vom Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger liegen die Brutto-Monatspensionen von 52% der Frauen in Alterspension unter € 1.050. Bei den krankheitsbedingten Pensionen liegt der Prozentsatz bei 64% und damit noch höher.
Aktuell können Eltern ein freiwilliges Pensionssplitting bis zum 7. Lebensjahr des Kindes vereinbaren. Damit kann ungleich verteilte Sorgearbeit innerfamiliär ausgeglichen werden und der Pensionsanspruch des nicht-erwerbstätigen Elternteils aufgestockt werden: Der erwerbstätige Elternteil kann maximal 50 % der Teilgutschrift übertragen. Die Übertragung ist nur bis zur Jahreshöchstbeitragsgrundlage möglich. Zurzeit wird das wenig genutzt. Grund dafür ist auch, dass es in der Beziehung eingefordert werden muss. Wenn es bereits eine Schieflage gibt bei der Betreuungs- und Haushaltsarbeiten ist das eine zusätzliche Diskussion, die schlicht überfordert.
Das automatische Pensionssplitting muss nicht eingefordert werden und zielt auf die Senkung der Altersarmut ab. Geplant ist es, als Beitragsgrundlagen das Erwerbseinkommen heranzuziehen. Die Beitragsgrundlagen beider Elternteile werden bis zum 10. Lebensjahr des Kindes summiert und zu jeweils der Hälfte auf dem jeweiligen Pensionskonto der Eltern gutgeschrieben. Kindererziehungszeiten werden nicht eingerechnet. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einmalig mit der Opt-out Klausel aus dem Modell auszusteigen. Wie das genau bei Patchwork-Familien funktioniert oder wie die Opt-out-Klausel genutzt werden kann, ob die Höchstbeitragsgrundlage überschritten werden kann, all diese Fragen sind mit den aktuellen Unterlagen nicht endgültig beantwortbar. Ein freiwilliges Splitting soll zusätzlich allen Formen von Lebensgemeinschaften offenstehen.
Festzuhalten bleibt, dass das Pensionssplitting bei hohen Einkommensdifferenzen zwischen den Partner:innen gut wirkt. Jenen Haushalten, die ohnehin wenig zum Leben haben, hilft die Maßnahme nicht, hier greift die Ausgleichszulage. Das Splitting könnte dazu führen, dass die Monatspension der Frauen gleich hoch bleibt, nur der Differenzbetrag zwischen (höherer) Eigenpension und Ausgleichszulagenrichtsatz sinkt. Aus sozialpolitischer Perspektive analysierte Mayrhuber, dass instabile Einkommensverläufe, wie prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder Unterbrechungen im Erwerbsleben durch das Splitting nicht adressiert werden. Positiv kann laut Mayrhuber sein, dass eine „Beweislastumkehr“ stattfindet. Wenn jemand aus dem Splitting aussteigen will, muss erst mal argumentiert werden, warum die Pensionsbeiträge nicht zusammengerechnet und auf beide Partner:innen verteilt werden können. Das kann allerdings durch ein Opting-out wieder konterkariert werden.