Das Ende der Demokratie
Die demokratische Republik zwischen Achtlosigkeit, Eskalation und Zerstörung
Internationale Studien sind eindeutig: Der Demokratie geht es nicht sonderlich gut. Die Autokratien nehmen weltweit zu. Prozesse der Autokratisierung überwiegen Prozessen der Demokratisierung. Lebten 2011 49 Prozent der Weltbevölkerung in Autokratien, so sind es 10 Jahre später 70 Prozent. Demokratische Prinzipien wie Gewaltenteilung, Grundrechtsschutz, Medienfreiheit und Unabhängigkeit der Justiz sind auf dem Rückzug und kommen unter Druck; auch in Europa. Die Demokratiequalität sinkt; auch in Österreich. Das Misstrauen gegenüber „der“ Politik, den Institutionen und der Demokratie an sich steigt stetig. In diesem gesellschaftlichen Umfeld wirft der Kurator der Ausstellung und wissenschaftliche Leiter des Karl-Renner-Museums in Gloggnitz, Michael Rosecker, einen Blick zurück auf die Erste Republik. In der Rückschau geht es in der Ausstellung jedoch nicht nur darum, Erkenntnisse für die Gegenwart zu gewinnen. Viel mehr wird mit dem aktuell brüchig gewordenen demokratischen Selbstgewissheiten das Scheitern der österreichischen Demokratie in der Zwischenkriegszeit in neuem Licht wahrgenommen.
Die junge Republik war ein Produkt des Ersten Weltkrieges und war von Beginn an mit vielschichtigen Krisen konfrontiert. Es konnten kaum gemeinsame Vorstellungen über die Eigenschaften und Ziele des neuen Staates entwickelt werden. Die politische Landschaft blieb zersplittert. Die Volkswirtschaft der Republik verkraftete den Strukturschock durch den Zerfall des Wirtschaftsraumes der Habsburgermonarchie nachhaltig schlechter als andere Nachfolgestaaten. Dies beförderte die Entwicklung einer weitgehenden Polarisierung der Gesellschaft und einer an Feindbildern ausgerichteten Politik.
Die Logik der Eskalation der Wehrverbände im Rahmen schwacher staatlicher Institutionen, die wirtschaftliche Krisenentwicklung, die Entstehung des Roten Wiens, ideologische Stichwortgeber der politischen Parteien, die Bildung bürgerlicher Elitennetzwerke der Korruption und der Weg von der Parlamentskrise 1933 bis hin zum blutigen Februar 1934 sind nur einige der Schlaglichter der Ausstellung, die den Untergang der demokratischen Republik detailreich beschreiben. Bedeutende Ereignisse, handelnde Personen und involvierte Institutionen werden vorgestellt. Alles ist reich bebildert mit unzähligen originalen Schaustücken.
Sonderaustellung im Karl-Renner-Museum
Die Sonderausstellung ist bis zum Sommer 2024 während der Öffnungszeitungen des Museums zu besichtigen (Freitag von 14–18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag von 10–18 Uhr, Juli bis August: Freitag bis Sonntag und an Feiertagen: 10–18 Uhr). Mit der NÖ-Card kann die Sonderausstellung kostenlos besucht werden.
Kuratorenführung am 11. Juni 2023
Am Sonntag, dem 11. Juni führt Kurator Michael Rosecker um 10 Uhr durch die Ausstellung (Eintritt für diese Kuratorenführung: 7 Euro). Anmeldung unter 02662/42498 und office@rennermuseum.at).
Ausstellungsbroschüre
Das Ende der Demokratie - Der Untergang der demokratischen Republik, 1930–1934