Eine moderne politische Bildungsarbeit
Staatsbürgerliche politische Bildungsarbeit, wie sie den Parteiakademien gesetzlich aufgetragen wird, öffnet einen großen Raum für vielfältige Aktivitäten und Themenfelder. Das Karl-Renner-Institut füllt diesen Raum mit Ausbildungsangeboten, die das politische Handwerk vermitteln, mit diversen Formaten, um sozialdemokratische Positionen im weitesten Sinne zu diskutieren und Einsichten über gesellschaftliche und politische Vorgänge zu bieten.
Es ist aber auch ein Ort, an dem Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen, die über Menschen- und Gesellschaftsbilder, wirtschaftliche, rechtliche und kulturelle Zusammenhänge nachdenken, miteinander in Austausch treten und damit auch Impulse für die programmatische Weiterentwicklung der Sozialdemokratie setzen.
Zeitgemäße Ausbildung & Qualifizierung
Die Ausbildungsangebote des Karl-Renner-Instituts sind dann erfolgreich, wenn es uns gelingt, den Teilnehmer:innen einen Blick über ihren eigenen Wirkungsbereich hinaus zu ermöglichen, ihr Netzwerk zu verstärken und sie mit viel zusätzlicher Motivation in ihre Aufgaben zurückkehren. Und sie funktionieren dann, wenn die Absolvent:innen der Seminare und Lehrgänge das Gelernte und ihre erworbenen Einblicke und Kontakte für ihre Tätigkeit nutzen können.
Die Seminare und Lehrgänge des Karl-Renner-Instituts stellen für viele, die in der SPÖ aktiv sind, seltene Gelegenheiten dar, bei denen sie Gleichgesinnte aus ganz Österreich treffen, die ähnliche Ziele verfolgen, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Das ist auch der Grund, warum in den vergangenen Jahren verstärkt auf den Austausch der Teilnehmer:innen der Parteischulen und Nachwuchsakademien in den Bundesländern gesetzt wurde.
Die Digitalisierung verändert – verstärkt durch die Corona-Pandemie – die Art und Weise, wie Kampagnen geführt werden, wie Politik kommuniziert wird und auch wie politische Bildungsarbeit funktioniert. Wir wissen, dass die persönliche Begegnung nicht durch den verkürzten Diskurs auf Social Media Plattformen und durch Zoom-Webinare ersetzt werden kann.
Diese Kanäle können aber dabei helfen, geografische Distanzen zu verringern und Vereinbarkeit zwischen Politik, Beruf und Privatleben zu verbessern. Darüber hinaus eignen sich digitale Formate in Form von erklärenden Videos oder Podcasts durchaus dafür, auch komplexe Zusammenhänge einfach zugänglich zu machen. Das Vermitteln digitaler Kompetenzen für die politische Arbeit gehört mittlerweile zum Standardrepertoire in der politischen Bildungsarbeit.
Eine zentrale Aufgabe des Karl-Renner-Instituts ist es, den politischen Nachwuchs zu fördern und mit der Ausbildung besonders stark bei den Jungen anzusetzen.
Das passiert seit langem in enger Kooperation mit den sozialdemokratischen Jugendorganisationen, die über ein großes Ausmaß an Organisationskompetenz und Innovationskraft verfügen und damit auch immer wieder neue Impulse für die Ausbildungsarbeit des Karl-Renner-Instituts liefern. Viele Ressourcen werden in jene Lehrgänge investiert, die sich speziell an den politischen Nachwuchs richten, sei es die Akademie der Jugend, die Europapolitische Akademie oder auch die seit einigen Jahren angebotene Medienakademie, die angehenden Journalist:innen und Kommunikationsarbeiter:innen den Einstieg in das Metier ermöglichen soll.
Mit den Landesstellen in die Breite wirken
Die Ausbildungsangebote den Aktivist:innen, Kandidat:innen und Funktionär:innen in allen Bundesländern und direkt vor Ort zur Verfügung zu stellen, wäre ohne die Leiter:innen der Landesstellen des Karl-Renner-Instituts in den SPÖ-Landesorganisationen und der Wiener Bildungsakademie nicht annähernd in der Intensität und Qualität machbar. Unterstützt wird diese Arbeit vor Ort nicht nur durch finanzielle Ressourcen, sondern auch durch einen regelmäßigen Austausch zwischen den Ausbildungsverantwortlichen in den Bundesländern und den Projektverantwortlichen aus dem Bundes-Karl-Renner-Institut. Daraus ergibt sich ein regelmäßig aktualisiertes Bild, das die Bedürfnisse aller politischen Ebenen offenlegt und ständig eine Weiterentwicklung des Ausbildungsangebotes anregt.
Wissenschaft und Politik miteinander ins Gespräch bringen
Ein „Scharnier“ zwischen Wissenschaft und Politik zu bilden: Wo kann das besser funktionieren, als in einer Parteiakademie, die Themen längerfristig bearbeiten kann, in der Menschen arbeiten, die sowohl mit dem Wissenschaftsbetrieb vertraut sind, als auch die politische Praxis kennen? Die einen klaren parteipolitischen Auftrag hat und einen Diskussionsraum abseits der täglichen Schlagzeilen anbieten kann?
Es ist eine Konstante in der Arbeit des Karl-Renner-Instituts, einen Dialograum zu schaffen, in dem Wissenschafter:innen auf der einen und sozialdemokratische Politiker:innen auf der anderen Seite zusammenkommen. Den Kern dieser Aktivitäten bildet aktuell eine kleine Runde junger Wissenschafter:innen aus unterschiedlichen Disziplinen, die zusammenkommt und grundlegende aktuelle gesellschaftliche und politische Fragen diskutiert. Darum herum spannt sich ein gro-es Netzwerk von Expert:innen aus Forschung und Lehre, die an Aktivitäten des Karl-Renner-Instituts teilnehmen, die den Austausch zwischen Wissenschaft und Politik befördern. Das sind zum einen moderierte Gespräche zwischen Wissenschafter:innen und Politiker:innen, die in ihren jeweiligen Rollen an dem gleichen Thema arbeiten. Eine empirische Arbeit über Stadtplanung und den sozialen Wohnbau ist für Politiker:innen, die mit diesen Themen befasst sind, ganz augenscheinlich relevant. Aber auch für jene, die diese Arbeiten verfassen, ist ein Austausch mit den zuständigen Politiker:innen hilfreich. Zu schnell übersehen Wissenschafter:innen, welche Auswirkungen die Form der Entscheidungsfindung, die Suche nach einem Interessensausgleich und das bürokratische Regelwerk auf politische Projekte haben. Und oft geht dann im direkten Gespräch der Knoten auf. Von diesem Austausch und gegenseitigen Zuhören profitieren beide Seiten.
Und zum anderen wurde noch unter dem Eindruck von Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrise und der damit verbundenen Erkenntnis, wie hartnäckig sich neoliberale Mythen im ökonomischen und wirtschaftspolitischen Diskurs halten, 2015 der Kurt-Rothschild-Preis für Wirtschaftspublizistik ins Leben gerufen. Benannt nach dem großen österreichischen Ökonomen, der stets einen sozialen Anspruch an die als Wissenschaft betriebene Ökonomie gestellt hat, zeichnet das Karl-Renner-Institut gemeinsam mit dem SPÖ-Parlamentsklub seither Wirtschafts- und Sozialwissenschafter:innen aus, die durch ihre exzellente Forschung neue Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit erarbeiten – im Geiste von Kurt Rothschild, jenseits der volkswirtschaftlichen Standardtheorie. Als Preisträger:innen in Frage kommen dabei jene, die auch über ihre rein akademischen Aufgaben hinauswirken und ihr Wissen in den breiteren öffentlichen Diskurs einbringen. Neben großen Namen wie Peter Bofinger, Kate Raworth, Marcel Fratzscher, Mariana Mazzucato und Emmerich Tálos finden sich unter den Preisträger:innen zahlreiche wissenschaftliche Nachwuchstalente, die jedes Jahr im Rahmen der Preisverleihungen zu einem gemeinsamen Austausch eingeladen werden.
Diese Aktivitäten stehen, so wie die zahlreichen öffentlichen Vorträge von Wissenschafter:innen auf Veranstaltungen und im „Rotfunk“-Podcast des RI, im Geiste des Gründers des Karl-Renner-Instituts, Bruno Kreisky, für den die Einbeziehung wissenschaftlicher Expertise in programmatische Überlegungen so wichtig war. Und sie ergänzen den Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch, der nach vielen erfolgreichen Jahren nicht mehr aus dem Karl-Renner-Institut wegzudenken ist.
Die internationale Dimension
Bruno Kreisky stand bei der Gründung des Karl-Renner-Instituts unter dem Eindruck seiner Erfahrungen mit der Arbeiterbildungsorganisation in Schweden und den eindrucksvollen Aktivitäten der deutschen Parteistiftungen, insbesondere der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung. In beiden Ländern sind die dem Karl-Renner-Institut entsprechenden Parteistiftungen stark außenpolitisch orientiert und arbeiten eng mit Sozialdemokrat:innen aus anderen Ländern zusammen.
Auch das Karl-Renner-Institut widmete sich seit seiner Gründung durchgehend besonders ausführlich der internationalen Politik. Über die Jahrzehnte waren das etwa die Europäische Integration, die Demokratisierung in Osteuropa rund um den Fall des Eisernen Vorhanges oder die Globalisierung und ihre Auswirkungen auf die Verteilung des Wohlstands auf dieser Welt.
Seit 2007 unter federführender Mitwirkung des Karl-Renner-Instituts und besonderer persönlicher Involvierung des damaligen Direktors Karl A. Duffek die in Brüssel ansässige und aus Mitteln des Europäischen Parlaments finanzierte Foundation for European Progressive Studies (FEPS) gegründet wurde, haben sich die Europäischen Kontakte des Karl-Renner-Instituts institutionalisiert. Zahlreiche Projekte werden jedes Jahr mit den europäischen Partner:innen umgesetzt. Sie spannen sich über programmatische Arbeitsgruppen und wissenschaftliche Publikationen bis zu regionalen Schwerpunktprojekten. Und hier hat sich das Karl-Renner-Institut stark auf die Regionen Westbalkan und Osteuropa fokussiert, ohne die großen globalen Fragen dabei aus den Augen zu verlieren.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat den Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, denen sich das Karl-Renner-Institut immer gewidmet hat, in diesem Jahr eine schmerzvolle Dringlichkeit verliehen. Die Diskussion über die Auswirkungen dieser Aggression, mögliche Lösungswege, Friedensschaffung und Friedenssicherung und die oft unterschätzte Bedeutung des Kampfes um die Demokratie – im eigenen Land, aber auch weit darüber hinaus – wird in den kommenden Jahren einen großen Platz im Programm des Karl-Renner-Instituts einnehmen.
Offenen Blicks Richtung Zukunft gehen
Das Karl-Renner-Institut wird sich als zeitgemäße politische Bildungseinrichtung ständig weiterentwickeln, um den neuen Herausforderungen und Anforderungen an Politiker:innen gerecht zu werden. Es wird neugierig und innovativ bleiben und immer wieder Neues ausprobieren.
Es wird neugierig und innovativ bleiben und immer wieder Neues ausprobieren.
Es wird die eigenen Arbeitsweisen immer wieder reflektieren, hinterfragen und anpassen. Der Spagat zwischen langfristigem Nachdenken und schnellem Reagieren auf neue Rahmenbedingungen begleitet uns seit Anbeginn und Generationen von RI-Mitarbeiter:innen haben gezeigt, wie es gehen kann. Darauf bauen wir auf und gehen weiter Richtung Zukunft.
Maria Maltschnig ist seit 2016 Direktorin des Karl-Renner-Instituts
Mag.a Maria Maltschnig
Geschäftsführung