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Kosovos Regierungschef Albin Kurti zu den Herausforderungen seines Landes

Der Kosovo als Spielball geopolitischer Interessen?

Im Februar 2008, also vor mehr als 15 Jahren, erklärte sich der Kosovo für unabhängig. Das Land hat seither große Fortschritte gemacht, doch eine Normalisierung seiner Beziehungen zu Serbien steht noch aus. Im Gegenteil: In den letzten Monaten kam es wiederholt zu gewalttätigen Zwischenfällen. Vor diesem Hintergrund war der Regierungschef des Kosovo, Albin Kurti, am 13. November bei uns zu Gast, um über die Herausforderungen seines Landes zu sprechen. Unter dem Titel „Kosovo: The young democratic state as pawn of geopolitical interests“ zog er im Gespräch mit Direktorin Maria Maltschnig nicht nur eine Bilanz seiner bisherigen Regierungszeit, sondern ging auch der Frage nach, wie sein Land inmitten widerstreitender Interessen der geopolitischen Player bestehen könne. Weiters befasste er sich mit den Gefahren für die Demokratie und mit positiven und negativen Ausformungen von Nationalismus. Breiten Raum nahmen auch die jüngsten Entwicklungen im Verhältnis zwischen Kosovo und Serbien ein.

Vorläufige Bilanz von Kurtis Regierungszeit

In seinem Eingangsstatement verwies Albin Kurti auf den gewaltigen Sprung nach vorne, den sein Land in den letzten Jahren unter seiner Führung gemacht habe. Dies untermauerte er mit zahlreichen Daten und Fakten: Die kosovarische Wirtschaft sei 2021 um 10,7 % und 2022 um 5,2 % gewachsen. Um die soziale Gerechtigkeit zu verbessern und die Ungleichheit zu verringern, habe der Kosovo 4,3 % des BIP in die Abfederung der Inflation und der Energiekrise investiert. Seine Regierung habe die Ausgaben in die (höhere) Bildung gerade auch zugunsten von Frauen erhöht. 6.000 Jugendliche hätten einen Job in neu geschaffenen Beschäftigungsplattformen erhalten, um ihnen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern. „Jobs and Justice“ sei eines der wichtigen Leitmotive seiner Arbeit, so Kurti. Zudem sei die Regierung dem Kampf gegen Korruption und die organisierte Kriminalität verpflichtet.

Der Kosovo in einem schwierigen geopolitischen Umfeld

Sein Land, so Albin Kurti, müsse in einem Umfeld mit vielen Unbekannten operieren. Die Lage sei durch den Angriff Russlands auf die Ukraine noch komplexer geworden, da Serbien als einziges europäisches Land keine Sanktionen gegen Russland verhängt habe und seine Militärpräsenz rund um den Kosovo massiv verstärkt habe. Optimistisch stimme ihn, dass sich die Autokratien heute im Gegensatz zu den 1990er Jahren nicht mehr auf den Nationalismus in weiten Teilen der Bevölkerung stützen können. Um bestehen zu können, sei es für den Kosovo wichtig, demokratisch und souverän zu bleiben. Sein Land brauche die Unterstützung möglichst vieler Staaten und Kräfte, darunter auch Österreichs und der Sozialdemokratie.

Demokratie und Nationalismus

Auf die Frage Maria Maltschnigs, wie die Demokratie gegenüber den Bedrohungen durch Rechtspopulismus und Rechtsextremismus verteidigt werden könne, meinte Kurti, dass eine breite Mittelschicht wichtig sei und gleichzeitig das Klassenbewusstsein nicht aufgelöst werden solle. Die Verteidigung der Demokratie müsse sich auf vier Personengruppen konzentrieren: Frauen, Jugendliche, Arbeiter:innen und Angehörige der Diaspora. Was den Nationalismus betrifft, sieht Kurti unterschiedliche Ausformungen: Negativ sei der chauvinistische Nationalismus, der von jenem, der auf die Befreiung einer Nation hinarbeite, zu unterscheiden sei.

Hürden für die Normalisierung der Beziehungen zu Serbien

Für die Zuspitzung der Lage im Nordkosovo machte der Regierungschef Serbien verantwortlich. Dessen Führung stehe hinter dem „terroristischen Angriff“ von bewaffneten Serben auf die kosovarische Polizei am 24. September. Seine Regierung setze sehr wohl einige Schritte, um die serbische Minderheit besser zu integrieren, und weitere würden folgen. Kurti sei auch bereit, den neuen Vorschlag der EU für ein Statut des serbischen Gemeindeverbands zu akzeptieren und das Abkommen über die Normalisierung der Beziehungen zu Serbien zu unterzeichnen, wenn der Kosovo den EU-Kandidatenstatus erhalte und der NATO-Partnerschaft für den Frieden beitreten könne. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić sei aber Ende Oktober nicht bereit gewesen, gemeinsam mit ihm seine Unterschrift unter die Abkommen zu setzen. Zudem habe Vucić einen Sideletter verlangt, in dem Serbien nicht nur dem Kosovo die Anerkennung versagt, sondern auch die territoriale Integrität in Frage stelle. Hier müsse die EU Stopp sagen, so Albin Kurti.

Welcome

Eva-Maria Holzleitner
Member of the Austrian National Council, SPÖ

Talk

Albin Kurti
Prime Minister of Kosovo, Lëvizja Vetëvendosje

Moderation

Maria Maltschnig
Director of the Karl-Renner-Institut

Die Veranstaltung fand mit Unterstützung des International Institute for Peace (IIP) statt.

Projektleitung