Progressive EU-Politik mit der Europäischen Investitionsbank
Die Policy Study „How to unlock the European Investment Bank’s potential: four reforms“, entstanden im Rahmen des Young Academics Network von Renner-Institut und FEPS, entwickelt vier Maßnahmen, um die Europäische Investitionsbank zu einem Treiber der politischen Ziele und Werte der Europäischen Union zu machen. Die beiden Mit-Autoren Christian Koutny und Johannes G.v.Luckner umreißen, worum es dabei geht.
In eurer Studie beschäftigt ihr euch mit der Europäischen Investitionsbank. Was macht diese Bank und welche Bedeutung hat sie?
Christian: Die Europäische Investment Bank, kurz EIB, vergibt projektbezogene Kredite sowohl an Gebietskörperschaften als auch an private Unternehmen in und außerhalb Europas. Außerhalb Europas arbeitet die EIB als Entwicklungsbank in verschiedensten Projekten rund um den Globus und vergibt dabei sogar ein größeres Volumen an Krediten als die Weltbank. Unser Projekt mit FEPS YAN analysiert allerdings die Geschäfte der EIB innerhalb der EU. Hier ist die EIB seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft in den späten 1950er Jahren als Entwicklungsbank tätig. Während die EIB ursprünglich dezidiert die ökonomische Entwicklung schwächerer Regionen und systemrelevanter Sektoren finanzierte, ist ihr Betätigungsfeld heutzutage weiter gefasst.
Johannes: Im Grunde genommen kann heute jede Gebietskörperschaft und jedes Unternehmen einen Antrag an die EIB für einen Kredit stellen und basierend auf betriebswirtschaftlichen Kriterien wird dann von Seiten der EIB über die Vergabe entschieden. Üblicherweise beteiligt sich die EIB nur anteilig an Projekten und in der Praxis spielen natürlich politische Aspekte, also inwieweit das Projekt die Interessen der Europäischen Union an sich fördert, eine maßgebliche Rolle in der Vergabe der Kredite. Außerdem werden in der Praxis die meisten Kredite an Gebietskörperschaften und nicht an private Unternehmen vergeben. Die EIB ist also eine EU-Bank für Gebietskörperschaften und manchmal auch private Unternehmen.
Ihr seht Veränderungsbedarf: Was sollte diese Bank machen, welche Bedeutung sollte sie haben?
Johannes: Wie schon erwähnt, spielen politische Aspekte zwar eine Rolle bei der Vergabe von Krediten, letztlich entscheiden aber betriebswirtschaftliche Faktoren über den Erfolg bei der Vergabe von Krediten an Projekte. Somit stellt die EIB keine Alternative zu „normalen“ Banken dar, sondern verstärkt sogar die Ungleichgewichte von privater Kreditvergabe. Wir fordern, dass politische Ziele, wie ökologischer Wandel, faire Löhne und Arbeitsverhältnisse, die Unterstützung schwächerer Gebiete etc. die Kreditvergabe der EIB maßgeblich bestimmen sollen. Sie sollte also aktiv die politischen Ziele und Werte der Europäischen Union finanzieren und unterstützen.
Ihr schlagt vier Maßnahmen vor – welche wäre eurer Meinung nach die wichtigste Maßnahme?
Christian: Eine vorgeschlagene Maßnahme wirkt in alle anderen Gebiete hinein: Der Vorschlag, dass die EU Mitglied (sozusagen Anteilseigner) der EIB wird. Dies hätte zur Folge, dass die EIB mehr Geld zur Verfügung hätte, um in den gegenwärtigen Krisensituationen einzugreifen. Auch in zukünftigen Notfällen könnte sie zu diesem Zweck ihr Kapital leichter aufstocken.
Johannes: Außerdem gäbe eine Mitgliedschaft dem Europäischen Parlament Einfluss und Kontrollmöglichkeiten über die EIB-Aktivitäten. Neben der größeren demokratischen Legitimation denken wir, dass dies auch zu einer progressiveren Verleihpolitik führen würde.
Für wie wahrscheinlich haltet ihr es, dass das in den nächsten Jahren umgesetzt wird?
Johannes: Wir sind mit unserem Vorschlag nicht allein: Auch das Europäische Parlament hat das lange gefordert – es ist allerdings ein wenig in Vergessenheit geraten. Wir hoffen, dass wir mit unserer Studie wieder politische Aufmerksamkeit auf das Thema lenken und die EIB mehr ins Zentrum der europäischen Krisenantwort rücken können. Die politische Situation ist dafür sehr günstig, da überall in Europa Bedarf an wirtschaftlicher Unterstützung herrscht.
Wie habt ihr die Zusammenarbeit innerhalb des Young Academics Network erlebt?
Christian: Das FEPS YAN Programm hat allein in unserer Arbeitsgruppe Forschende aus vier Disziplinen und fünf Staaten zusammengebracht. Wir hätten wohl alle anfangs nicht damit gerechnet, dass wir diese politischen Vorschläge entwickeln würden. Wir haben also nicht einfach Ideen unterfüttert, die wir davor schon hatten und mit denen wir in die Arbeitsgruppe hinein gegangen sind. Sondern mithilfe unserer völlig unterschiedlichen Hintergründe haben wir gemeinsam einen neuen Ansatz entwickelt. Darin liegt eindeutig die Stärke des Programms.
Zu den Personen
Christian Koutny ist Doktorand an der Kingston University London. Außerdem unterrichtet er an der Goldsmiths University London sowie der SOAS University London. Er arbeitet und forscht über die Entwicklung des Finanzsektors, Systemische Zyklen der Akkumulation, sowie zu makroökonomischen Entwicklung an den Wohnungsmärkten. Als aktives Mitglied der British Labour Party sowie der University and College Union ist er besonders am theoretisch-praktischen Spannungsfeld polit-ökonomischer Forschung interessiert.
Johannes G.v.Luckner ist Doktorand an der Universität Erfurt. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt/Main und Rom absolvierte er einen Master am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz und arbeitete als Trainee bei der Europäischen Kommission.