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Serbien 20 Jahre nach Zoran Đinđićs Ermordung

Vor 20 Jahren war die Bestürzung groß, als Zoran Đinđić, der damalige Ministerpräsident und zugleich Hoffnungsträger der jungen Demokratie Serbiens, ermordet wurde. Den Jahrestag haben wir zum Anlass genommen, um mit ehemaligen Wegbegleiter:innen Đinđićs und Expert:innen über dessen Vermächtnis sowie die heutige Situation in Serbien zu diskutieren.

Ivan Vejvoda (ehem. Berater Đinđićs), Sofija Mandić (Anwältin und Menschenrechtsaktivistin, Belgrad), Alida Vračić (Think Tank Populari, Sarajevo) und Hannes Swoboda (Präsident des International Institute for Peace) waren sich einig, dass Đinđić in den zweieinhalb Jahren seiner Regierungszeit sein Land grundlegend demokratisieren, reformieren und an die EU heranführen wollte. Laut Vejvoda betraf Đinđićs Reformagenda so gut wie alle Lebensbereiche, darunter das politische System, die Wirtschaft, Kultur, Bildung, das Justizsystem. Darüber hinaus war Đinđić bereit, die serbischen Verbrechen in den Jugoslawienkriegen der 1990er-Jahre aufzuarbeiten und mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien zusammenzuarbeiten. Höhepunkt war die Verhaftung des ehemaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milošević im Jahr 2001 und dessen Auslieferung an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag.

Rückschritte für die Demokratie

Die Diskussionsteilnehmer:innen stimmten darin überein, dass sowohl das Land als auch die gesamte Region in den letzten Jahren in vielen Bereichen (Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Medienfreiheit) kaum Fortschritte, ja sogar Rückschritte gemacht haben. Während Đinđić demokratische Institutionen mit Gewaltenteilung und gegenseitiger Kontrolle aufbauen wollte, ist gerade unter dem aktuellen Präsidenten Aleksandar Vučić eine Erosion der demokratischen Institutionen festzustellen. Dieser negative Trend ist auch, wie Sofija Mandić es ausdrückte, auf die Apathie der Bürger:innen Serbiens zurückzuführen. Mandić wies jedoch darauf hin, dass die antidemokratischen Kräfte weniger mächtig seien, als es scheint. Die Staatsführung habe zwar dank klarer Wahlsiege alle Bereiche unter ihre Kontrolle gebracht, doch entspreche dies nicht dem wahren Willen der Bevölkerung. Vielmehr sei die neue politische Generation bereit, sich das zurückzuholen, was 2003 gewaltsam gestoppt wurde, und erteile dem Nationalismus eine Absage.

Wirtschaftlicher Aufholprozess zu langsam

Auch in wirtschaftlicher Hinsicht hat es laut Alida Vračić nicht nur in Serbien, sondern der gesamten Region seit 2003 wenig Fortschritte gegeben. Đinđić habe wichtige Arbeit geleistet und das Ziel verfolgt, Serbien und den Westbalkan eines Tages an EU-Standards heranzuführen. Das würde zum Beispiel gleiche Löhne, gleiche Reise- und Arbeitsmöglichkeiten sowie Mobilität wie innerhalb der EU bedeuten. Davon sei wenig erreicht worden; noch immer seien 200-Euro-Jobs an der Tagesordnung. In diesem Zusammenhang erinnerte Vračić daran, dass weiterhin Jahr für Jahr zehntausende vor allem junge Menschen die Region verlassen und in die EU auswandern. Die fehlende Konvergenz sei eine der Hauptgründe dafür.

Die Rolle der EU?

Angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen Probleme bzw. Rückschritte in Sachen Demokratie stand auch die Frage im Raum, ob die EU für die Region nicht mehr tun müsste. Hannes Swoboda plädierte dafür, die demokratischen Kräfte zu stärken und die freien und demokratisch gesinnten Medien zu unterstützen. Zudem gelte es, verstärkt darüber nachzudenken, wie die antidemokratischen Kräfte in der Region ausgebremst werden können.

Die Diskussion in englischer Sprache fand in Kooperation mit dem International Institute for Peace und dem Österreichischen Institut für Internationale Politik statt.

Introduction

Vedran Dzihić
Senior Researcher at the Austrian Institute for International Affairs (oiip), Vienna

Panelists

Hannes Swoboda
President of the International Institute for Peace (IIP) and former Member of the European Parliament (MEP), Vienna

Ivan Vejvoda
Former Senior Advisor on Foreign Policy and European Integration to Prime Minister Zoran Đinđić

Alida Vračić
Executive Director at Populari Think Tank, Sarajevo

Sofija Mandić
Lawyer and Human Rights Activist, CEPRIS, Belgrade

Moderation

Luka Cekić
Project Assistant at the International Institute for Peace (IIP), Vienna

 

Projektleitung