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Steht Polen vor dem Machtwechsel?

Maria Skóra und Andreas Stadler analysieren die Situation in Polen vor den Wahlen

Am 15. Oktober sind die Polinnen und Polen dazu aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die Wahlen gelten als richtungsweisend, wenn nicht gar als Schicksalswahlen. Die von der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) angeführten Regierungen haben die politische Landschaft Polens in den letzten acht Jahren umgestaltet. Dazu gehören autoritäre Tendenzen und umstrittene Reformen des Justizsystems, die den unabhängigen Rechtsstaat in Frage stellen und für einen Dauerkonflikt mit der Europäischen Kommission sorgen. Gekoppelt sind diese bedenklichen Entwicklungen mit einer großzügigen Sozialpolitik.

Bei einer Diskussionsveranstaltung am 25. September analysierten die Expertin Maria Skóra vom Institut für Europäische Politik in Berlin und der österreichische Botschafter in Warschau, Andreas Stadler, den Wahlkampf und die Lage in Polen wenige Wochen vor dem Urnengang. Wie stehen die Chancen für einen Machtwechsel? Kann sich die PiS mit einem populistischen Referendum zum EU-Asylkompromiss am Wahltag an der Macht halten? Oder kann die Opposition unter der Führung der liberal-konservativen Bürgerkoalition eine Mehrheit erringen? Auch die Rolle der linken Parteien, die mit einer gemeinsamen Liste antreten, war Thema der Diskussion.

Heftiger Wahlkampf in einem gespaltenen Land

Wie Maria Skóra ausführte, treffen im Wahlkampf zwei völlig unterschiedliche Visionen für Polen hart aufeinander. Die Gesellschaft sei tief gespalten, wie die Proteste gegen das drakonische Abtreibungsrecht, das von der PiS-geführten Regierung beschlossen wurde, zeigten. Auch die Migration sei ein großes Thema: Rassismus, Desinformation und falsche Gerüchte vergiften laut Skóra die Debatte. Ein weiteres Problem erkannte die Expertin in der schwindenden Medienvielfalt, da die öffentlich-rechtlichen Sender nicht mehr objektiv berichten würden. Skóra wies zudem auf das zunehmend belastete Verhältnis zu Deutschland hin: Die Regierung in Warschau befeuere antideutsche Ressentiments, indem Berlin als Feind Polens dargestellt werde.

Drei große Herausforderungen Polens

Botschafter Andreas Stadler machte drei große Herausforderungen aus, die Polen zu bewältigen habe: Dazu gehörten zum einen die Folgen des Kriegs Russlands gegen die Ukraine. Mehr als 1,5 Millionen Geflüchtete seien in Polen untergekommen, zudem leiste das Land enorme militärische und humanitäre Hilfe an die Ukraine. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind laut Stadler die zweite Herausforderung, nicht zuletzt, weil die Defizite in diesem Bereich zu einem Dauerkonflikt mit der EU geführt hätten. Als drittes großes Thema nannte Stadler die anstehende ökologische Transformation: Um die Klimaziele zu erreichen, müsse Polen, das derzeit 70 % seiner Energie aus Kohle gewinne, einschneidende Maßnahmen setzen.

Impulsreferat

Maria Skóra
Institut für Europäische Politik, Berlin; leitende wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Projekt „RESILIO – Resilience observatory on the rule of law in Europe”

Gespräch mit

Andreas Stadler
Österreichischer Botschafter in Polen

Moderation

Gerhard Marchl
Karl-Renner-Institut