Das politische Gefüge in Österreich und Europa befindet sich im tiefgreifenden Wandel. Traditionelle Parteibindungen haben sich weitgehend aufgelöst, neue politische Kräfte und Organisationsformen gewinnen an Einfluss und Kritik an etablierten Parteien ist allgegenwärtig. In einer funktionierenden Demokratie werden Parteien trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen eine unverzichtbare Infrastruktur der Gesellschaft bleiben.
Unser Zusammenleben ist von Interessen- und Wertekonflikten sowie von Auseinandersetzungen um politische Gestaltungsmacht geprägt. Parteien, als Zusammenschlüsse von Menschen mit ähnlichen Ansichten und Zielen, nehmen Einfluss auf die öffentliche Willensbildung, vertreten inhaltliche Positionen und übernehmen Regierungsverantwortung. Sie machen Konflikte sichtbar, strukturieren politische Auseinandersetzungen und tragen diese auf eine Weise aus, die das politische System friedlich verarbeiten kann. Diese Rolle der Politikformulierung und -strukturierung erfüllen Parteien durch ihre inneren Aushandlungs- und Kompromissprozesse ebenso wie in ihrer öffentlichen Wirkung. In innerparteilichen Debatten werden Ideen und Interessen abgewogen, Kompromisse gefunden und nach außen getragen. So prägen Parteien den politischen Diskurs, machen Themen sichtbar, mobilisieren Menschen und schaffen Wahlmöglichkeiten.
Auf viele dieser Funktionen hat bereits Bundeskanzler Bruno Kreisky in den 1970er-Jahren hingewiesen, als er sich für die Einrichtung politischer Akademien der im Parlament vertretenen Parteien einsetzte und die rechtlichen Grundlagen dafür schuf. Dieses Selbstverständnis prägt das Karl-Renner-Institut bis heute als Ort des Lernens, der Reflexion und des Austauschs im Sinne der österreichischen Demokratie und Parteienlandschaft.
Im nun beginnenden Studienjahr legen wir in unserem neuen Bildungsprogramm einen besonderen Schwerpunkt auf das politische Handwerk für die Parteiarbeit. In praxisnahen Seminaren, Workshops und Lehrgängen werden Funktionär:innen und Aktivist:innen gestärkt. Dabei geht es darum, neue Wege zur Ansprache und Einbindung von Interessierten zu finden sowie politische Inhalte zu entwickeln, überzeugend zu vertreten und wirkungsvoll zu verbreiten. Der Bogen ist weit gespannt – unter anderem vom Arbeiten mit künstlicher Intelligenz über das Erlernen politischer Strategieentwicklung bis hin zur grundwertebezogenen sozialdemokratischen Kommunikation.
Wir freuen uns auf ein spannendes Studienprogramm.