Springe zum Hauptmenü Springe zum Inhalt Springe zum Fußzeilenmenü

Ein aktiver Staat, der die Menschen stärkt und schützt

Thesen aus Wissenschaft & Politik, Band 1

Karl-Renner-Institut (Hg.)
Wien: 2023
96 Seiten, Broschüre

ISBN: 978-3-85464-046-2

Eine These ist eine Behauptung, die erörtert und mit Argumenten untermauert wird. Sie strukturiert unser Verständnis eines Themas und bietet eine gute Grundlage für Analyse und Diskussion.

Als wir im November 2022 etwa 70 Wissenschafter:innen und Politiker:innen im Karl-Renner-Institut zum ersten „Forum Wissenschaft & Politik“ versammelt haben, um gemeinsam in den Austausch zu treten, haben wir die Diskussionen entlang von Thesen strukturiert. Einige dieser Thesen sind nun in der Broschüre versammelt. Entlang von vier Fragestellungen formulieren Wissenschafter:innen und Politiker:innen die aus ihrer Sicht wesentlichen Ideen und Forderungen.

Mit dem „Forum Wissenschaft & Politik“ schaffen wir einen Raum für kontinuierlichen Diskurs auf Augenhöhe. Die Broschüre dokumentiert die wesentlichsten Gedanken und liefert Impulse für die Entwicklung von Gesellschaftsvisionen und die Stärkung des sozialdemokratischen Gestaltungsanspruchs.

Inhalt

Vorwort: Ein handlungsfähiger Staat, der stärkt und schützt – Doris Bures

Einleitung: Mit Thesen in den Austausch treten – Angelika Striedinger & Maria Maltschnig

01. Wirtschaftspolitik: Welche grundlegenden Änderungen im Wirtschaftssystem braucht es, um langfristig und wirksam für Verteilungs- und Klimagerechtigkeit zu sorgen?

  • Stephan Schulmeister: „Es braucht eine umfassende Bändigung des Kapitalismus, insbesondere durch Rückverlagerung des Profitstrebens auf die Realwirtschaft.“
  • Selma Yildirim: „Die steigende Ungleichheit ist schlecht für die Demokratie, Wirtschaft und Gesellschaft. Extrem hohe Vermögen und Einkommen sowie Kapitalerträge sollten daher gerechter besteuert werden.“
  • Stephan Pühringer: „Soziale und ökologische Probleme müssen zusammen betrachtet werden. Wir können uns Überreichtum (auch ökologisch) nicht mehr leisten.“
  • Rainer Wimmer: „Wir dürfen nicht akzeptieren, dass manche von der Krise profitieren, während weite Teile der Bevölkerung immer ärmer werden. Eine echte Übergewinnsteuer ist mehr als überfällig.“
  • Elisabeth Springler: „Eine aktive Fiskalpolitik ist wesentlich für eine zukunftsgerichtete Wirtschaftsweise und kann nur durch einen geeigneten europäischen Rahmen umgesetzt werden.“
  • Gerhard Riegler: „Es braucht eine neue Definition von Daseinsvorsorge. Neben der Wasserversorgung muss die Befriedung weiterer zentraler Bedürfnisse verfassungsrechtlich verankert werden.“

02. Arbeit und Leistung: Wie kommen wir zu einer angemessenen Anerkennung, Entlohnung und wirtschaftspolitischen Gewichtung gesellschaftlich wertvoller Arbeit?

  • Christine Mayrhuber: „Die Trennung von Lohnarbeit und unbezahlter Sorgearbeit bildet die Grundlage bestehender Machtverhältnisse sowie struktureller Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Reduktion von Ungleichheit braucht Neubewertung von Arbeit in allen Sphären.“
  • Korinna Schumann: „Die Arbeit von Frauen ist oft unterbezahlt, unbezahlt und unbemerkt, weil das System vermeintlich davon profitiert - doch es irrt!“
  • Emma Dowling: „Die Wut hält sich deshalb in Grenzen, weil das Sorgen so oft als persönliche Verantwortung empfunden wird. Diese Individualisierung sollte abgebaut werden. Care-Arbeit muss als kollektive Aufgabe verstanden und solidarisch und öffentlich organisiert werden.“
  • Eva-Maria Holzleitner: „Sorge- und Reproduktionsarbeit ist weiblich. ‚Halbe-halbe‘ muss endlich zur Realität werden.“
  • Markus Marterbauer: „Arbeitskräfteknappheit ist eine einzigartige Gelegenheit für höhere Einkommen der arbeitenden Menschen sowie für den Anstieg von Produktivität und Wohlstand. Wir brauchen den politischen Willen, diese Chance zu nutzen.“
  • Sascha Obrecht: „Scheinselbständigkeit prägt die 24-Stunden-Pflege wie kaum eine andere Branche. Die gesetzliche Vermutung eines Arbeitsverhältnisses kann die betroffenen, zumeist migrantischen Frauen faktisch in den Schutzbereich des Arbeitsrechts holen.“

03. Klimakrise: Wie geht sozialdemokratische Klimapolitik angesichts von Widersprüchen zwischen Klimazielen und Jobs, sozialer Gerechtigkeit, Bevölkerungswille?

  • Felix Butzlaff: „Eine progressive Klimapolitik braucht einen klaren Orientierungspunkt für eine zukünftige Gesellschaft, um Menschen zu verdeutlichen, mit welchem Ziel Veränderung gestaltet wird.“
  • Markus Vogl: „Der Diskurs und das Denken haben sich deutlich verändert: Die Sozialdemokratie hat verstanden, dass technische Innovationen allein nicht die Lösung für die Klimakrise sind.“
  • Laura Dobusch: „Effektive Klimapolitik ist Geschlechterpolitik und braucht die Entwicklung alternativer Männlichkeiten. Auf der Ebene von Unternehmen bedeutet das, klimafreundliches Handeln und Gleichstellungs- bzw. Inklusionsbemühungen zusammenzudenken.“
  • Rainer Handlfinger: „Es ist nachhaltiger, kleine Schritte umzusetzen und weiterhin in politischer Verantwortung zu bleiben, als große Schritte anzugehen und progressive Mehrheiten zu verlieren.“

04. Zusammenhalt: Wie begegnen wir Krisen und gesellschaftlichen Widersprüchen so, dass wir Solidarität und Zusammenhalt erzeugen, statt Spaltung und Polarisierung?

  • Martina Zandonella: „Wenn wir Demokratie ernst nehmen, brauchen wir eine Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes oder des Wahlrechts.“
  • Ruth Manninger: „Demokratische Teilhabe auf allen Ebenen ist die Voraussetzung, um Krisen und gesellschaftliche Widersprüche zu überwinden.“
  • Ayşe Dursun: „Kritische soziale Bewegungen zeigen auf, dass gesellschaftliche Krisen strukturell bedingt sind und bergen das Potenzial, diese krisenhaften Strukturen zu überwinden. Sie sind daher unabdingbar für die Transformation in eine solidarische Gesellschaft.“
  • Gerhard Schmid: „Investitionen in Politische Bildung stärken das demokratische Bewusstsein und fördern die Partizipation.“
  • Judith Kohlenberger: „Die oft konstatierte gesellschaftliche Lagerbildung lässt sich empirisch nicht feststellen. Vielmehr führt erst die politische Aufladung von Konfliktthemen zu Polarisierungen.“