Dieser Policy Brief befasst sich mit der zunehmenden Präsenz von Akteur:innen von außerhalb der EU am Westbalkan, ihren Interessen und Strategien sowie mit den Folgen für die EU selbst. Zudem gibt er der EU Handlungsempfehlungen, damit sie ihren Einfluss am Westbalkan bewahren kann.
Obwohl die sechs Westbalkan-Staaten (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) das Ziel eines EU-Beitritts verfolgen, konnten in den letzten Jahren verschiedene Drittstaaten ihren Einfluss in der Region ausweiten, indem sie das zum Teil bestehende Machtvakuum geschickt ausnutzten und weiter ausnützen. Dabei spielen ihnen ethnische Konflikte, die schwache wirtschaftliche Entwicklung und die weit verbreitete Korruption in die Hände. Die betreffenden Akteur:innen – Russland, China, Türkei und die Golfstaaten – setzen am Westbalkan auf unterschiedliche Strategien und verfügen über unterschiedliche Kapazitäten: Sie reichen von diplomatischen Bemühungen bis hin zu Direktinvestitionen; von der Förderung kultureller Beziehungen bis hin zur Schaffung von Formen wirtschaftlicher Abhängigkeit.
Den genannten Playern kommt dabei auch der Umstand zugute, dass der Verhandlungsprozess mit der EU langwierig ist und auf dem Grundsatz der Konditionalität beruht, also die Westbalkan-Staaten bestimmte Bedingungen erfüllen müssen. Allerdings haben der Krieg in der Ukraine und die jüngsten globalen Entwicklungen die EU veranlasst, politische und institutionelle Hindernisse für die Erweiterung zu überwinden und sich auf die Erreichung zweier Ziele am Westbalkan zu konzentrieren: Sicherheit und Stabilität. Daher setzt die EU darauf, dem Erweiterungsprozess auf dem Westbalkan neuen Schwung zu verleihen.
Angelica Vascotto ist Pan-European Fellow beim European Council on Foreign Relations (ECFR) mit den Schwerpunkten Balkan, EU-Erweiterung und Sicherheitspolitik.
Projekt „Balkan Focus“
Dieser Policy Brief entstand im Rahmen des Projekts „Balkan Focus“, das vom Karl-Renner-Institut, der Foundation for European Progressive Studies (FEPS) und dem Centro Studi di Politica Internazionale (CeSPI) durchgeführt wird. Balkan Focus wird im Einklang mit dem Projekt „Friends of the Western Balkans“ umgesetzt und soll dessen Teilnehmer:innen, aber auch der breiten Öffentlichkeit, Hintergrundanalysen zu aktuellen politischen Entwicklungen in den Ländern des Westbalkans sowie zur Debatte und dem Prozess der EU-Erweiterung zur Verfügung stellen.