Eine Analyse der Übergangsperiode in Montenegro
Publikation in englischer Sprache
Seit 2020 erlebt Montenegro erhebliche politische Turbulenzen. Eine der Ursachen ist der schrittweise Machtverlust des langjährigen ehemaligen Präsidenten Milo Djukanović und seiner Partei, der Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS), die seit der Einführung des Mehrparteiensystems im Jahr 1991 die Geschicke des Landes geleitet haben.
Djukanović bedeutete für Montenegro einerseits das Festhalten an westlichen Werten und euro-atlantischen Institutionen, gestützt auf eine starke nationale (montenegrinische) Identität und die Loslösung von Serbien. Andererseits wurde Montenegro zu einem klassischen Fall von „Stabilokratie“ mit einer hohen Rate an Staatskontrolle, Korruption und politischer Beeinflussung der Medien und der Justiz.
Die Bewegung „Europa Jetzt!“ als neue bestimmende Kraft
Die Präsidentschaftswahlen im März und April 2023 markierten mit dem Sieg Jakov Milatovićs das endgültige Ende von Djukanović. Milatovićs kürzlich gegründete Bewegung „Europa Jetzt!“ schaffte es, pro-serbische Gefühle mit Forderungen nach wirtschaftlicher Entwicklung zu verbinden, mit einem populistischen Touch. Die Parlamentswahlen im Juni 2023 brachten einen Sieg von „Europa Jetzt!“ mit sich, die Suche nach Koalitionspartner:innen zur Regierungsbildung gestaltet sich jedoch kompliziert. Je nach Zusammensetzung der künftigen Regierung könnte Montenegros Bekenntnis zu den euro-atlantischen Werten auf die Probe gestellt werden.
Zu den Autor:innen
Dario D’Urso ist Experte für internationale Beziehungen mit Schwerpunkt auf den politischen Dynamiken am Westbalkan.
Lada Vetrini ist Expertin für Kohäsionspolitik mit Schwerpunkt auf den adriatisch-ionischen Raum.
Projekt „Balkan Focus“
Dieser Policy Brief entstand im Rahmen des Projekts „Balkan Focus“, das vom Karl-Renner-Institut, der Foundation for European Progressive Studies (FEPS) und dem Centro Studi di Politica Internazionale (CeSPI) durchgeführt wird. Balkan Focus wird im Einklang mit dem Projekt „Friends of the Western Balkans“ umgesetzt und soll dessen Teilnehmer:innen, aber auch der breiten Öffentlichkeit Hintergrundanalysen zu aktuellen politischen Entwicklungen in den Ländern des Westbalkans sowie zur Debatte und dem Prozess der EU-Erweiterung zur Verfügung stellen. Im Jahr 2023 sollen insgesamt sechs Policy Briefs aus der Reihe „Balkan Focus“ erscheinen.